Auf einer internationalen Tagung in Greifswald haben Rechtsexperten auf die unterschiedliche Rechtspraxis in europäischen Gefängnissen hingewiesen. Das Fazit von Kriminologen, Soziologen und Rechtsfachleuten: in vielen europäischen Gefängnissen herrschen zT katastrophale Zustände. Der Alltag von Gefangenen wird durch überfüllte Anstalten, menschenunwürdige Haftbedingungen und sogar Folterpraktiken bestimmt. Die Wissenschaftler verwiesen auf den Europäischen Gerichtshof, der allein von 2000 bis 2004 in rund 100 Fällen die Verletzung von Menschenrechten in Vollzugsanstalten, vor allem in der Türkei, aber auch in Großbritannien, Frankreich und Polen gerügt habe. Hauptproblem sei die Überbelegung vor allem der osteuropäischen Anstalten, so Strafrechtsprofessor Frieder Dünkel. Positive Erfahrungen, die der westeuropäische Strafvollzug von den östlichen Nachbarn übernehmen könnte, wurden mit der Genehmigung von Langzeitbesuchen gemacht, welche zur Stressreduktion führten.
Weitere Vorschläge der Versammlung betreffen die Ersetzung kurzer Freiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit, die Änderung des Umrechnungsschlüssels für Ersatzfreiheitsstrafen, vorzeitige Haftentlassungen, den moderaten Ausbau der nichtmonetären Komponente des Arbeitsentgelts im Strafvollzug, die Halbstrafenverbüßung, eine Entkriminalisierung des Drogenkonsums beziehungsweise weicher Drogen, die Untersuchungshaftvermeidung, eine Reduzierung der stichtagsbezogenen Gefängnispopulation inkl. Qualitätsverbesserung und damit einer wirksameren Opferprävention (durch Rückfallvermeidung), insgesamt somit die Humanisierung des Strafrechts- und Strafvollzugssystems.
Wednesday, June 07, 2006
Subscribe to:
Post Comments (Atom)
No comments:
Post a Comment